unterwegs
Unterwegs zu sein, muss nicht bedeuten, fort zu sein.
Es muss nicht bedeuten hier zu sein und auch nicht dort zu sein.
Es kann bedeuten bei mir zu sein.
Begibt man sich auf Reisen, lässt man das Gewohnte zurück. Unbekannte Orte, fremde Menschen und neue Erfahrungen kommen auf einen zu und sind unvermeidbar. Ich persönlich hatte bisher jedoch meist Glück. Denn gerade das Unbekannte entpuppte sich oft als das ganz Besondere und genau in diesen Momenten konnte ich eine Menge über mich und das Leben erfahren. Dafür bin ich sehr dankbar.
Unterwegs (Story 1):
Vor sieben Jahren startete ich das erste Mal ganz alleine auf eine große Reise. Ich machte mich nach dem Abi auf und lebte ein Jahr im 18.000 Kilometer entfernten Neuseeland. Als Au Pair arbeitete ich bei einer vierköpfigen Gastfamilie in einem kleinen Vorort von Auckland. Direkt am Meer. An meinen freien Tagen reiste ich viel, erkundete die Landschaft und durfte die Kultur des Landes kennenlernen. Neuseeland ist wirklich besonders. Dieses eine Jahr war so intensiv, dass ich mich auch heute noch erwische, wie ich drüber nachdenke, dort hin auszuwandern. Bei meiner Abreise war mir daher eines auch klar: Das ist kein Abschied auf ewig.
Vor drei Jahren habe ich dann meinen Mut und mein Erspartes erneut zusammengenommen und machte mich für fünf Wochen auf den Weg nach Aotearoa (wie die Maori es nennen würden). Es war Februar 2020. Ich entfloh der deutschen Winterkälte und wurde von warmen Sonnenstrahlen der Südhalbkugel begrüßt. Obwohl ich dieses Land bereits gut kannte, waren diese fünf Wochen ganz anders als mein letzter Aufenthalt. Ohne wirklichen Plan und ohne richtiges Ziel ließ ich mich treiben. Ich lernte Menschen aus den verschiedensten Ländern kennen und verbrachte die meiste meiner Zeit in einem kleinen Surferort an der Westküste. Dort gab es alles was mein Herz begehrt: Meer, die Natur, unglaublich freundliche und entspannte Menschen, eine Töpferei, ein Yoga Studio, viele Künstler und gutes Essen in heimischen Restaurants.
Es war alles so aufregend und ich erlebte so einiges: Ich reiste viele Tage mit Freunden, die ich ein paar Stunden zuvor erst kennenlernte, schlief so manche Nacht auf Autositzen, lernte ein paar Tricks im “Fire Spinning”, wurde beim Kauf von Konzertkarten über den Tisch gezogen, kletterte auf mehrere Wasserfälle, sprang von einer Brücke in einen Fluss, trampte öfter ganz allein, lernte Kopfstand, verliebte mich unglaublich schnell und erlitt Herzschmerz, als meine Liebe zurück nach Amerika musste. Man, man, man, war das aufregend und so wunderschön.
Und dann kam Corona…
Die Reise endete also mit einem Knall: Covid-19 breitete sich auf unserer Erde aus.
In meinen letzten Tagen war ich mit Freunden im wunderschönen Coromandel an der Ostküste unterwegs. Das Virus sorgte jedoch schnell für Unruhe. Wir sprachen mit unseren Freunden und Familien zu Hause und mussten Entscheidungen treffen. Bleiben und hoffen oder ab nach Hause. Als es in den Nachrichten immer schlimmer zuging, machte ich mich also auf den Weg zum Flughafen. Da die meisten Länder ihre Grenzen schlossen, wurden viele Flüge wieder gecancelt. So auch mein ursprünglicher und zwei weitere, die meine Schwester und mein Vater aus Deutschland für mich buchten. Ich verbrachte mehrere Tage in einem Hotel am Flughafen und wusste lange nicht, wie, wann und ob ich überhaupt nach Hause reisen kann. Mehrmals machte ich mich auf zum Flughafen, um irgendwie weiter zu kommen, doch dort ließen sie niemanden ohne Ticket rein. Mit mir warteten unzählige weitere Reisende vor den Eingängen und versuchten mit jemandem zu sprechen, um in die nächste Maschine steigen zu können. Aber wir warteten vergeblich.
Nach einigen versuchen selbst einen neuen Flug zu bekommen, war mein “Retter” schließlich ein Herr der Telefonhotline des “Flight Centers”: Price. Er kümmerte sich um mein Anliegen und versuchte mich über Tage hinweg in einen Flug einzubuchen, der nicht wieder ausfällt. Dafür blieb er über seine Arbeitsstunden hinaus mit mir in Kontakt und hielt mich auf dem Laufenden. Und schließlich gelang es ihm! Zusammen mit vielen anderen Backpackern saß ich in der letzten Maschine, die über Hongkong flog.
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Und nun bin ich seit langer Zeit schon wieder zurück in Deutschland, Corona hat gewütet und ließ mich die unbeschwerte Zeit auf Reisen um einiges schätzen. Ich habe in diesen Wochen so viel Schönes und Aufregendes erlebt, was mich um einiges stärker gemacht hat. Ich bin dem Universum so dankbar, dass ich dieses Land bereisen durfte, dort schon zweimal eine unglaubliche Zeit hatte und viele tolle Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen meine Freunde nennen darf.
Unterwegs zu sein ist nie gewöhnlich. Es ist einzigartig und IMMER anders. Man lernt dazu und kann selbst in den schwierigsten Momenten Erinnerungen und Freunde für’s Leben finden.
Und das bewies mir auch eine Mail, die ich acht Monate nach meiner Rückkehr erhielt:
”Hello Magdalena,
it brings me great pleasure to let you know that your favourite travel agent is back and better than ever! I can now be found at the Store, come in and say hello. I would love to see you again!
I hope your journey home was smooth and stress free. How is everything with you and being back home?
I hope that you, your family and friends all kept well and stayed safe during the lockdowns and ongoing COVID situation. Since being made redunant in March, I kept my hopes high that I would return to Flight Centre in 2021 and to my surprise I am back before the year ended! It feels amazing to be back in my happy place.
Have a great day. Warm Regards
Price”
Als ich die Zeilen das erste Mal las, musste ich weinen. Nach den ganzen traurigen Nachrichten, der Anspannung und des Trubels rund um Corona, ließ mich diese Mail vor Freude weinen. Danke Price, dass du mir diese wunderbaren fünf Wochen wieder in mein Herz gerufen hast und mich daran erinnerst, dass es so viele tolle Menschen wie dich auf dieser Welt gibt, die das Reisen zu etwas ganz Besonderem machen.